Klimawandel

Die Rolle von Big Data

Die internationale Gemeinschaft hat sich mit dem Pariser Klimaabkommen und den UN-Zielen für nachhaltige Entwicklung ambitionierte Ziele gesetzt. Dabei fehlt in vielen Bereichen die empirische Basis um Fortschritte bei der Erreichung dieser Ziele zu messen. So gibt es für zwei Drittel der insgesamt 232 SDG-Indikatoren keine bestehende Datengrundlage. Große Hoffnungen liegen daher auf den Daten aus dem Privatsektor. Die Gestaltung von öffentlich-privaten Partnerschaften, um so an Big Data zu gelangen, kann bei der Lösung globaler Probleme wie CO2-Emissionsreduktion eine entscheidende Rolle spielen.

Politische Entscheidungsträger zeigen zunehmendes Interesse an der Analyse von Big Data. Daten zu Nutzeraktivitäten und Bewegungsinformationen in Mobilfunknetzen, sozialen Medien, Sensoren oder Geodaten und haben enormes Potential konventionelle Statistiken zu komplementieren und zu erweitern. Damit lassen sich robuste Entscheidungsgrundlagen in Echtzeit und in völlig neuen Anwendungsfeldern generieren.

Bei der diesjährigen UN-Klimakonferenz in Bonn wurde mit der UN-Initiative „Data for Climate Action“ (D4CA) eine zukunftsweisende Klimapartnerschaft vorgestellt, in der Unternehmen ihre anonymisierten Daten für ausgewählte Wissenschaftsteams zur Verfügung stellen. Die im Rahmen der D4CA-Challenge, an der die ZEW-Forschungsgruppe „Marktdesign“ teilgenommen hat, vorgestellten Projekte unterstreichen dieses Potential. Etwa verwendete das von der D4CA-Jury ausgezeichnete Siegerprojekt Bewegungsdaten von Handynutzern/-innen um die Auswirkungen unterschiedlicher E-Mobilitätskonzepte auf die Luftverschmutzung in Mexico City zu simulieren. Die Daten wurden von der GPS-Navigations-App Waze zur Verfügung gestellt. Mithilfe detaillierter Nutzerdaten analysierten die Forscher/innen Bewegungsmuster um abzuschätzen, wie zum Beispiel eine optimale Streckenführung von neuen E-Buslinien die Treibhausgasemission reduzieren kann.

Die Anreize für Privatunternehmen, ihre Daten auf diese Weise zu teilen, sind vielfältig. Zum einen ermöglicht der Datenaustausch mit Behörden den Unternehmen eine statistisch repräsentative Analyse ihrer Kundendaten. Zum anderen erweitern Unternehmen durch die Zusammenarbeit mit Forschern/-innen ihre Analysemethoden. Weitere wichtige Aspekte sind einerseits regulatorische Regelungen, die den Austausch von Daten erzwingen, sowie andererseits die unternehmerische Gesellschaftsverantwortung. Viele Unternehmen erkennen mittlerweile die Wettbewerbsvorteile, die ihnen dadurch entstehen.

Insgesamt sind die Fortschritte bei der Nutzung von Unternehmensdaten jedoch noch zögerlich. Ein Vorbehalt von Unternehmen sind rechtliche Beschränkungen mit Blick auf die Vertraulichkeit von Kundeninformationen. Allzu oft scheitert der Zugang zu Daten allerdings an den Kosten für die Ausbildung von Personal für diese Tätigkeit abseits des Kerngeschäfts und die Einrichtung der notwendigen IT-Infrastruktur.

Die Voraussetzungen für einen nachhaltigen Datentransfer müssen noch geschaffen werden

In einer Studie der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) und PARIS21 – einer globalen Partnerschaft für Daten und Statistik – werden Geschäftsmodelle für öffentlich-private Partnerschaften dokumentiert und analysiert, die sich bereits heute in der Praxis bewähren. In vielen Fällen erfolgt dabei noch ein direkter Datentransfer zwischen Unternehmen und Wissenschaft oder der Datenzugriff durch eine vertrauenswürdige Drittpartei. Allerdings gibt es daneben vielversprechendere IT-Ansätze, die skalierbar und damit nachhaltiger sind. Ein Beispiel dafür ist das „Open Algorithms“-Projekt (OPAL), in dem die Berechnungen mit zertifizierten, offenen Algorithmen komplett anonym hinter der Firewall des Unternehmens stattfinden.

Aus der Studie ergeben sich konkrete Handlungsempfehlungen für erfolgreiche Datenpartnerschaften: Unternehmen sollten Datenstewards bestimmen, die als zentrale Anlaufstelle für externe Datenanfragen dienen. Die Politik kann Datenpartnerschaften fördern, indem sie weitere thematische Wettbewerbe ausschreibt, Innovationen dokumentiert und eine sichere IT-Infrastruktur für den Datenaustausch bereitstellt.

Die Studie in englischer Sprache findet sich zum Download unter: http://dx.doi.org/10.1787/18152031. Dieser Beitrag ist zuerst am 8. Dezember 2017 in den ZEW News erschienen.

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