Matching für Mikrokredit

Marktdesign-Ansätze für finanzielle Integration

In vielen der ärmsten Länder machen Kleinstunternehmen über 2/3 der wirtschaftlichen Aktivität aus. Dabei ist die Entwicklung dieser Unternehmen oft eingeschränkt, weil ihnen Kreditsicherheiten für eine ausreichende Finanzierung fehlen und starke Informationsasymmetrien zwischen Banken und Kreditnehmern bestehen. Um dieser Marktbeschränkung entgegenzuwirken, haben findige Banker mit einer einfachen Marktdesign-Idee dazu beigetragen neue Kreditmärkte aufzubauen – einer von Ihnen erhielt dafür den Friedensnobelpreis und die deutsche Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) ist heute der weltweit größte Kreditgeber für diese Märkte. Die Idee: Kredite werden an Gruppen vergeben die gemeinsam für einen Kreditausfall haften und damit einen Anreiz haben ausschließlich kreditwürdige Partner auszuwählen. Allerdings hat sich diese Idee vor allem in ländlichen Gebieten als weniger erfolgreich erwiesen. Hier erfolgt die Gruppenbildung oft zwischen Kreditnehmern die den gleichen Betriebsrisiken ausgesetzt sind. So sind zum Beispiel in einer Gruppe von Reisbauern alle Kreditnehmer gleichzeitig von einer extremen Dürreperiode betroffen und die Bank verliert dadurch die Sicherheit der Haftungsgemeinschaft.

Der Marktdesign-Prozess

Ziel des Projektes ist es, Marktregeln zu entwickeln um oben beschriebene Marktbeschränkungen abzubauen. Eine einfache Marktregel besteht darin, die Gruppenbildung von Kreditnehmern mit ähnlichen Berufsgruppen einzuschränken, z.B. indem maximal drei Reisbauern pro Gruppe zugelassen werden. Der in diesem Projekt verfolgte Marktdesign-Ansatz zeichnet sich von der Literatur ab, indem er nicht versucht die optimalen Kreditbedingungen herzuleiten, sondern stattdessen konkrete Regeln für die Gruppenbildung findet – und dabei mit gegebenem Marktzins und Haftungsanteil arbeitet.

Als nächste Schritte im Marktdesign-Prozess folgen das Testen der Marktregeln mit spieltheoretischen und ökonometrischen Modellen, sowie die Hilfe bei der Umsetzung der Regeln, die idealerweise eine quasi-experimentelle Evaluation beinhaltet. Für die Analyse nicht-experimenteller Survey-Daten stellt die Gruppenbildung ein Endogenitätsproblem dar. Der empirische Beitrag dieses Projektes besteht in der Entwicklung eines neuen Strukturmodelles – implementiert in R-Paket matchingMarkets – dass die etablierte Heckman-Korrektur für die Gleichgewichtsanalyse von Gruppenbildungsprozessen anwendbar macht. Die Identifikation des Modells ist dadurch gegeben, dass die Gruppenbildung von den Charakteristika aller Marktteilnehmer abhängt, das Rückzahlungsverhalten einer Gruppe jedoch nur von ihren Mitgliedern bestimmt wird. Diese exogene Variation ist ähnlich der einer Instrumentvariable.

Zusammengefasst zeigen die Ergebnisse, dass die beschriebene Marktregel zu weniger Kreditausfällen führt, was Banken erlaubt ihre Kredite erschwinglicher zu machen und somit mehr Kleinstunternehmen ermöglicht ihr Wachstumspotential auszuschöpfen.

Erkenntnisse

Die grundlegende Erkenntnis dieses Projektes ist, dass die Zusammensetzung von Gruppen (oder sogenannter „Matches“) wichtig ist und der Marktdesign-Prozess dabei helfen kann bessere Marktregeln in solchen Matching-Märkten zu gestalten. Die entwickelten Methoden sind direkt in anderen Matching-Märkten anwendbar. Beispiele reichen vom Design der Quotenregelung für (ethnische) Minderheiten in der Schulplatzvergabe und in Einstiegsarbeitsmärkten, über die staatliche Regulierung von Firmenfusionen, bis hin zum Design von Matchingalgorithmen für dezentrale Landreformen.

Der Artikel ist als Arbeitspapier verfügbar und wurde für den 33rd Annual Congress of the European Economic Association akzeptiert. Dieser Beitrag ist zuerst am 10. Dezember 2018 auf dem Portal Ökonomenstimme erschienen.

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